Das Mindset von Lernenden und Eltern nach Klaus Zierer und John Hattie, eine Zusammenfassung, Felix Hotz, März, 2025.
Allzu oft höre ich von Schülerinnen und Schüler aber auch von Eltern: Lehrkräfte müssen die Kinder nur richtig motivieren und spannenden Unterricht machen – dann stelle sich Erfolg im Lernen beinahe magisch von Selbst ein. Doch die Erkenntnisse aus der Studie „Visible Learning 2.0“ von Klaus Zierer und John Hattie zeigen, dass die Bedeutung der Mentalität aller Akteure der Schule eine entscheidende Rolle für erfolgreiches Lernen spielt. Dabei spielt die Mentalität – neudeutsch das Mindset – der Schülerinnen und Schüler mit weitem Abstand die wichtigste Rolle in Bezug auf den Erfolg in der Schule und den Fortschritt im eigenen Lernen. In der Grundschule und zu Beginn der weiterführenden Schule hat aber auch die Mentalität der Eltern einen entscheidenden und prägenden Einfluss auf die Einstellung der jungen Menschen zu ihrem eigenen Lernen. Die „richtigen“ Einstellungen und Verhaltensweisen halten die Autoren der großangelegten Meta-Studie in ihrem Buch fest. Ich will Sie in diesem Artikel kurz anzeigen und Beispiele geben, um zu veranschaulichen, was es braucht um wirklich zu Lernen.
Eltern, Bezugspersonen und Familien
Eltern spielen, wie gesagt, eine zentrale Rolle im Lernprozess ihrer Kinder. Sie sollten hohe, aber realistische Erwartungen haben und ihre Kinder individuell fördern, also Stärken ausbauen und Schwächen abbauen. Es ist wichtig, dass sie sich als Teil der Schulgemeinde sehen und Unterstützung suchen, anstatt sich allein zu fühlen. Elternarbeit sollte aber auch die Schule unterstützen: Die Mitarbeit im Schulelternbeirat entlastet die Schulgemeinde und bringt unbekannte und ungewohnte Perspektiven, Lebensumstände und Werte in die Schule.
Eltern sollten die Macht des konstruktiven Feedbacks erkennen und verstehen, dass Fehler zum Lernprozess gehören – aber sicherstellen, dass ihre Kinder aus Fehlern lernen. Sie sollten ihre Rolle als Elternteil wahrnehmen und nicht versuchen, Lehrkräfte zu ersetzen. Konstruktives Feedback an die Organe der Schule ist ein weiterer Punkt: in einem komplexen System wie Schule braucht es alle Akteure, um eine Fehlerkultur aufzubauen und die Prozesse zu verbessern. Eltern sollten Begeisterung für das Lernen zu wecken und Freude am eigenen Lernen vorleben. Die Akzeptanz von Unvollkommenheit sind weitere wichtige Aspekte. Besonders die Sprachförderung zuhause ist ein wichtiger Aspekt von Elternarbeit, aber regelmäßige Reflexion des eigenen Einflusses hilft, weitere, individuelle Hebel zu erkennen und den Lernprozess der Kinder positiv zu beeinflussen.
Ida ist in die fünfte Klasse gekommen. Ihre Eltern lesen ihr regelmäßig vor und sie ermutigen, Fragen zu stellen und ihre Meinung zu äußern. Sie nehmen sich Zeit ihre Aussagen zu verbessern und machen Vorschläge, wie man sich klarer ausdrückt. Gleichzeitig nehmen sie Idas Standpunkt ernst, machen aber auf Fehler im Denken aufmerksam. Dies fördert nicht nur Idas Sprachfähigkeiten, sondern auch ihre Neugier und Freude am Lernen.
Lernende
Schülerinnen und Schüler sollten zuversichtlich sein, dass sie lernen können. Das bedeutet, dass sie eine Balance zwischen Leistungszielen und dem Streben nach tiefem Verständnis finden. Freude am Lernen und der Wunsch, sich zu verbessern, sind zentrale Motivationsfaktoren. Lernende sollten sowohl oberflächliches Wissen als auch tiefes Verständnis anstreben und im Unterricht aktiv zu einer positiven Lernkultur beitragen. Lernende müssen eigene Lernroutinen auf- und ausbauen, verschiedene Lernstrategien beherrschen und wissen, wann sie am besten anwenden. Lernende sollten intentionale Gruppen aufbauen: Es hilft regelmäßig zu lernen, wenn man einen fixen Termin hat und Mitschülerinnen und -schüler, die einen dazu auffordern. Kooperatives Lernen und die Fähigkeit, Feedback zu geben und anzunehmen, stärken zudem die sozialen und kognitiven Fähigkeiten. Selbstevaluation des eigenen Lernfortschritts und die Übernahme von Eigenverantwortung sind zudem Fähigkeiten und Einstellungen die zentral für Erfolg im Lernen sind.
Deniz, ein Schüler der 10. Klasse, trifft sich zweimal in der Woche mit Philip, Mischa und Natalie in der Schulbibliothek. Sie nehmen sich eine Stunde Zeit und arbeiten konzentriert den Unterricht der Woche nach. Dazu nutzen sie als Lernstrategie ein Lerntagebuch, um gezielt Leistungskontrollen vorzubereiten oder an Problemen des vergangenen Unterrichts zu arbeiten. Die Gruppe ist in diesen Zeitfenstern fokussiert und arbeitet aktiv daran, alle zu unterstützen und konstruktives Feedback in Bezug auf die eigenen Fähigkeiten geben. Sie kontrollieren sich gegenseitig, dass sich keiner ablenkt, und belohnen sich nach dem gemeinsamen Lernen mit einer gemeinsamen Aktivität.
Deniz fördert so nicht nur sein eigenes Verständnis, sondern auch das seiner Mitschülerinnen und Mitschüler. Er baut seine Lernroutine auf, vertieft die Anwendung von Lernstrategien und baut eine intrinsische Motivation auf. Die Disziplin und Impulskontrolle der Lerngruppe trägt zudem in der Klasse zu einer positiven Lernkultur bei.
Fazit
Schule bleibt oft hinter den Erwartungen aller Akteure zurück. Doch durch die Entwicklung der richtigen Mentalität, des richtigen Mindsets schaffen Lernende und Eltern ein Umfeld, das den Bildungserfolg fördert, Qualität in das System bringt und die Freude am Lernen unterstützt.